Bayeux - Wandteppich und Fischereiprodukte

Ein wunderbarer Wandteppich lockt Kunstliebhaber aus alle Welt an den Ort in de Normandie. Die zweite Spezialität ist kulinarisch wertvoll: Jakobsmuscheln.

Alle Schilder führen in Bayeux zur "Tapisserie/Tapestry", dem Teppich - der gar keiner ist. Weil von englischen Nonnen, vielleicht auch Mönchen, im 11. Jahrhundert nicht geknüpft, sondern gestickt. Was den Besuchern herzlich egal ist, denn der Stoff, aus dem die Tapisserie ist, beweist Format - in Breitwand. Siebzig Meter Hauen und Stechen, Lug und Betrug, Liebe, Lust und Leid in Strick. Am Ende hat Wilhelm, Herzog der Normandie, den Schurken Harold vom Pferd geholt und England erobert. Wie Wilhelm das gelang, ist so einfach von der Museumswand abzulesen wie ein Comicstrip.

Die Stadt macht es einem nicht so leicht. Es gibt Familien, die ihren Stammbaum bis zurück zu Wilhelm verfolgen können. Das verbindet seit 900 Jahren. Fast so lange braucht es auch, bis die Bürger mit Zugereisten warm werden. So heißt es zumindest, doch der Briefträger, der hinter der Kathedrale gerade aufs Fahrrad steigt, ist sofort zu einem Schwatz bereit. Der größte Held von Bayeux - nein, nein, nicht Wilhelm, sondern General de Gaulle. Bayeux wurde im Juni 1944 als erste Stadt Frankreichs befreit. De Gaulle kam. Keine Bombe war gefallen. Bayeux blieb die einzige unzerstörte Stadt der Normandie.


Auf den Straßen Bilder wie aus einem Chabrol-Film: die Apothekerin im gestärkten Kittel, der Metzger mit Schürze. Und immer ein artiges "Bonjour" beim Vorbeigehen. Im Fenster eines Herrenhauses legen wellige Glasscheiben den Himmel in Dackelfalten. Das Sims ist viel zu hoch, als dass man sehen könnte, wie es innen aussieht. "Man trägt nicht zur Schau", erklärt Baron Alain de Ville-d'Avray den verschwiegenen Charme seines Familiensitzes in der Rue de la Cambette. Früher konnte man sich beim Baron einmieten. Aber jetzt will Monsieur nicht mehr, er fühlt sich ruhebedürftig. Zum Trost gibt er einen Tip: Tagsüber stehen die Portale offen. Über rumpeliges Pflaster fällt der Blick auf Renaissancetürme und Freitreppen. Palmen staksen in den Himmel. Aber da oben hält die Kathedrale ihre Vormachtstellung, weithin sichtbar über den fetten Wiesen hinter der Stadt.

Sonnabends kommt das Land in die Stadt, zum Markt auf die Place St-Patrice. Enten, Hühner und Kaninchen ducken sich ins Stroh; Kinderhände streicheln, ganz sachte. Ein Gang gehört Bäuerinnen, deren rote Wangen mit hausgekochtem Johannisbeergelee um die Wette leuchten. Auf dem Weg ins "Bistrot de Paris" riecht es nach geräucherter Andouillette und Meer. Die Fischer aus Port-en-Bessin bringen, was ins Netz gegangen ist. Alles steht am selben Tag auf der Schiefertafel des "Bistrot de Paris". So einfach ist gute Küche.

Am Sonntag läuft es umgekehrt. Ganz Bayeux fährt aufs Land, was ans Meer bedeutet. Aber die Lastwagenfahrer haben aus Protest gegen die Benzinpreise alle Tankstellen blockiert, und so spazieren nur ein paar Briten durch Port-en-Bessin. "Besser die Lkw-Fahrer streiken als die Fischer" scherzt die Patronne des Restaurants "Le Vauban". Draußen dunkelt es. Um die Orientierung auf dem Rückweg braucht man sich keine Sorgen zu machen. Vom Rochen in creme normande geht es direkt auf die beleuchtete Kathedrale zu. Immer dem Schild "Tapisserie/Tapestry" nach.

Anreise
mit dem Auto: von Paris über die A 13 bis Caen und weiter auf der N 13 (260 km), oder durch Belgien via Lille, Arras, dann in Abbeville über die A 28 und A 29 bis Pont-l'Evêque und weiter über die A 13.
mit der Bahn: Direktverbindungen von Paris (täglich, Fahrzeit ca. zwei Stunden)

Anschauen
Centre-Guillaume-le-Conquérant (Tapisserie de Bayeux), Rue de Nesmond, März/April und September/Oktober 09.30-12.15 und 14.00-17.15 Uhr. Mai bis August 09.00-18.15 Uhr. Der 70 m lange Wandteppich erzählt die Geschichte von Wilhelm, dem Eroberer Englands. Ein Film erklärt die Tapisserie auch in englischer Sprache.
Kathedrale, Rue Bienvenue, September bis Juni 09.00-18.00, Juli/August 09.00-19.00 Uhr. Außen angestrahlt von 20.00-22.00 Uhr. Im 11. Jahrhundert gebaut von Bischof Odon, Weggefährte Wilhelms. Einmalig: der romanische Wandschmuck mit orientalischen und skandinavischen Einflüssen.

Auskunft
Office de Tourisme, Pont St.-Jean, Tel.: 02-31512828, Fax: 02-31512829, E-Mail: bayeux-tourisme@mail.cpod.fr . Juni bis 15.September 09.00-19.00 Uhr, 16. September bis Mai montags bis sonnabends 09.00-12.00 und 14.00-18.00 Uhr.